Selbstwirksamkeit zu erleben, gehört zu den wichtigen Erfahrungen unseres Lebens. Daraus die Erwartung abzuleiten, auch in Zukunft durch das eigene Engagement etwas bewirken zu können, ist wesentlicher Bestandteil eines gelingenden Lebens.
Etwas altmodisch könnte man auch sagen:
Aus dem Erleben Hoffnung für die Zukunft schöpfen.
Hoffnung bedeutet, den Blick nach vorne zu heben, in der Überzeugung, dass es doch eine Chance gibt, durch die Krise hindurch zu einer neuen Stabilität und einem guten Leben zu kommen. Vor allem dann, wenn es nicht rund läuft und sich die Krisen zu stapeln beginnen.
Eine grundlegende Krise die wir alle einmal durchlaufen ist die Pubertät. Jene Zeit in der sich innerhalb kurzer Zeit verändert wer wir sind, wen wir als Vorbild sehen, was wir wollen und wie unser Körper funktioniert. Immer voller erster Male und Überraschungen, die nicht immer angenehm waren. Sondern manchmal auch bedrohlich.
Risiko:Jugend
Diese Krise, nicht mehr Kind zu sein, während das Erwachsensein noch weit weg ist (wenn man da mit 16, 17, 18 überhaupt hin will), erfordert ganz radikale Veränderung.
Und genau damit sind wir als Begleiter:innen junger Menschen immer wieder konfrontiert. Ihre scheinbar unbändige Energie, solange zu experimentieren und gegen Wände zu laufen, bis sie sich wieder neu verwurzeln können und festen Boden unter den Füßen haben.
In dieser Zeit verändert sich das Hirn in einer Weise, die den Hunger nach Intensität wachsen lässt, während die Fähigkeit zur Steuerung des eigenen Verhaltens sich erst gemächlich entfaltet. Auf den ersten Blick wirkt das oft extrem und kann zu tragischen Ausgängen führen. Vor allem dann, wenn sich junge Menschen in einer ungerechten oder verstummten Welt allein gelassen fühlen und all ihre Lösungs(ver)suche als „jugendlicher Wahnsinn“ abgetan werden.
Genau den braucht es auch, um all die Hindernisse und Herausforderungen zu bewältigen, die auf dem Weg durch die Pubertät liegen.
Dauerkrise & Aufbruch
Ob der Schatten der Krise oder die Hoffnung positiver Veränderung am Horizont für junge Menschen überwiegt, hängt stark von ihren Lebensbedingungen ab, wie die große Ö3 Jugendstudie aufzeigt.
Ob sich Jugendliche als “Generation Dauerkrise” (53%) oder “Generation Aufbrauch” (46%) verstehen, “[…] ist eng mit verfügbaren Ressourcen verbunden: Junge Menschen ohne finanzielle Sorgen, mit universitären Ausbildungen, bei guter psychischer Gesundheit und mit für sie wahrnehmbarer gesellschaftlicher Unterstützung vertreten sie [die Generation Aufbruch] besonders häufig.” (Ö3 Jugendstudie 2022 „Generation Krise!?“)
Gleichzeitig zeigen die aktuellen Daten, ebenso wie die direkte Arbeit mit jungen Menschen in der Offenen Jugendarbeit: Junge Menschen geben nicht auf, auch wenn sich die Krisen stapeln, die von den älteren Generationen nur unzureichend bewältigt werden.
Aber der Fokus junger Menschen verschiebt sich auf das, was sie in ihrem Einflussbereich sehen: “Dass sie die Welt allein nicht retten kann, weiß die GenZ – und will das auch gar nicht. Daher fokussiert sie auch stärker darauf, im eigenen Leben Sinn und Sicherheit zu gestalten.” (Ö3 Jugendstudie 2024 „Wir leben, wie WIR wollen!“)
Jugendarbeit als Begleitung…
Unsere Aufgabe als Begleiter:innen junger Menschen, ist es ihnen Räume zu eröffnen, in denen sie etwas bewegen können. Ihnen – auch institutionelle – Hebel in die Hand zu geben, mit denen sie die Zukunft merkbar mitgestalten. Im Jugendzentrum, in der Klasse, im Verein, in der Kommune, in der Region… und ihnen damit die Erfahrung zu ermöglichen, auch über die Grenzen der Selbstverantwortung hinaus wachsen zu können. Hin zur Mitverantwortung, die wir gemeinsam Tragen und die das eigene Wohl, ebenso im Auge hat, wie das Wohl der anderen.
Die Erfahrung zu machen „Selbst Wirksam“ zu sein, gelingt nicht isoliert, sondern Miteinander. Dieses Miteinander stellen wir in der Jugendarbeit bei RLCjugend immer wieder her und ermöglichen Jugendlichen die Erfahrung „Es ist nicht egal ob ich da bin!“
Indem wir ihnen Bewährungsräume öffnen, in denen sie etwas erleben und riskieren dürfen, ohne gleichzeitig Gefahr zu laufen, dass es richtig schlecht ausgeht. Indem wir ihnen als Reibebaum zur Verfügung stehen um Konflikte auszutragen oder Meinungen auszutesten… und dadurch Beziehung und Vertrauen aufbauen.
Um Jugendlichen Halt zu geben, braucht es noch viel mehr, etwa den Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheit, finanzielle Sicherheit bis hin zu gesellschaftlicher Akzeptanz. Das ermöglicht die Chance „Selbst Wirksam“ werden zu können und sich auch in Krisen als „Generation Aufbruch“ zu begreifen.
Autor:
Martin Dworak
Leitung risflecting® Studienweg
Fachliche Leitung Römerland Carnuntum Jugend
www.roemerland-jugendinfo.at