risflecting® & Ansprache konsumierender Personen

Die Ansprache konsumierender Personen findet in sehr vielen und unterschiedlichen Bereichen der Suchtprävention, der Jugend- und sozialen Arbeit (sowie natürlich auch im privaten Kontext) statt. Ein Konsumverhalten zu thematisieren ist nicht nur für die angesprochene Person, sondern auch für die ansprechende Person eine Herausforderung. Denn jemanden auf sein oder ihr Trink-, Rauch-, Kauf-, Medien-, Glücksspielverhalten etc. aufmerksam zu machen, kann als unangenehm, unvorhersehbar, risikoreich, in manchen Fällen vielleicht sogar als gefährlich empfunden werden.

Denkbar ist es, an dieser Stelle das Zonenmodell von risflecting® ins Spiel zu bringen – nicht nur (wie oft sonst) mit Blick auf die konsumierende Person, sondern mit Blick auf diejenige Person, die den Konsum wahrnimmt und anspricht. Denn klar ist: Ein Gespräch mit einem potentiell sensiblen Inhalt zu suchen, Konsumverhalten von Personen zu thematisieren, Verhaltensweisen vielleicht zu problematisieren – all dies bringt die ansprechende Person in einen Bereich des Unerwartbaren:

  • Wie wird die angesprochene Person wohl reagieren?
  • Wird sie sich meine Beobachtung anhören? Oder mich ignorieren?
  • Das Gesagte ernst nehmen? Oder Verlachen?
  • Verwirrt sein? Ablehnen? Oder sich interessiert zuwenden?
  • Dankbar sein? Sauer werden?
  • Sich aggressiv verhalten? Oder ruhig bleiben?

Das Zonenmodell bietet die Möglichkeit, das eigene „Ansprechverhalten“ zu reflektieren und die persönliche Gefahren- und Risikozone beim Ansprechen zu erforschen: Beispielsweise können die vergangenen Kontakte mit konsumierenden Personen in das individuelle Gefahr- und Risikoempfinden eingeordnet werden:

  • Abstinenz (es wurden keine Ansprachen versucht und Kontakte eher gemieden)
  • Unbewusstes Risiko (Gespräche kamen zufällig und unbewusst zustande)
  • Minimierung (die Gesprächsversuche waren eher zaghaft oder blieben unkonkret)
  • Kick (die angesprochenen Personen waren „schwierig“, aber es wurde sich dennoch getraut)
  • Grenzverlust (Gespräche wurden trotz ablehnender Haltung beim Gegenüber fortgesetzt)
  • Flow (die angesprochenen Personen freuten sich über den Kontakt und so kamen die Gespräche „ins Fließen“ – in die Dialoge wurde eingetaucht und die Kontakte zu den konsumierenden Personen wurden von da an häufiger und intensiver)

Ansprachen können sehr unterschiedlich wahrgenommen werden. Jede ansprechende Person bringt ihr individuelles Gefühl von Komfort-, Risiko- und Gefahrenzone mit. Vielleicht können Situationen, die als unangenehm empfunden werden, mit Hilfe des Zonenmodells zur „Bewältigung einer Herausforderung“ werden und dadurch die eigene Selbstwirksamkeit fördern.

Fest steht: Der Kontaktaufbau zu einer konsumierenden Person (und damit auch Präventions-, Jugend- und soziale Arbeit insgesamt) ist maßgeblich vom Risikoempfinden der ansprechenden Person abhängig. Es scheint sich daher zu lohnen, den Fokus nicht nur auf die konsumierende Person, sondern auch auf die ansprechende Person zu legen, indem in die Erfahrung des Ansprechens bewusst eingetaucht wird.

Achim Keßler
Kessler.Achim@lsjv.rlp.de

Nina Roth