Eins vorab: Spätestens nach dem letzten Teil des Studienweges war mir klar: risflecting® oder vielmehr das Thema der risikopädagogischen Begleitung ist nicht nur ein weiteres Konzept oder eine Methode, die ich anwenden kann, aber nicht muss. Diese Idee sollte nicht einfach im Katalog der vielen Inputs abgeheftet werden. Sie schreit danach, umgesetzt zu werden. Noch besser: risflecting® wurde zum Fundamt meiner Arbeit mit anderen Menschen. Mit suchtkranken Erwachsenen, mit Selbsthilfe, mit Kooperationspartnern, mit Eltern und natürlich auch mit Jugendlichen. Und aus dieser Basis entstehen immer wieder kleine spannende Impulse zum Nachdenken für meine Dialoggruppe. Kleine #nudges, die zum Nachdenken einladen, statt es zu erzwingen. Und mit jeder neuen Tätigkeit, mit jedem neuen Arbeitsfeld setze ich die risikopädagogische Brille auf und scanne. Entwickle, passe an und wundere mich, welche zusätzlichen Chancen in den bekannten Methoden, Angebote und Übungen stecken. risflecting® begleitet mich demnach in zwei Bereichen:
1. Persönlich: Grundhaltung und Selbstverständnis von mir als handelnden Pädagogen/ Begleiter
2. Beruflich: Pädagogisches Fundament, Impulsgeber und Musterschablone für Angebot der Alltagspraxis.
Im Moment scanne ich die Mobile Jugendarbeit. Ein kleines, feines neues Projekt, aufbauend auf vielen kleinen Angebote, umgesetzt von bisher unterschiedlichen Akteuren, das danach schreit konzeptionell gefasst und vor allem inhaltlich unterfüttert zu werden. Mit dem Ziel, Jugendliche und junge Erwachsene zu motivieren und die politische Ebene für die Notwendigkeit dieser Angebote zu begeistern.
Also „Brille“ an und los. Hier und da. Nicht überall, aber da, wo es Sinn oder vielmehr Lust macht. Fakt ist: Auch in der Jugendarbeit ist alles (im besten Falle) mit Risiko und (manchmal) auch mit Gefahr verbunden, denn hier sollen junge Menschen lernen / sich in die Lernzone bewegen. Selbst wenn sie chillen.
Setting schaffen!
Raus aus der Komfortzone, rein in die Lernzone muss angeregt, angeboten, angeleitet und trainiert werden. Durch alltägliches (Umgang mit Messern beim Kochen), aber auch außeralltägliches (Erster Jump auf einer neuen Rampe im Bike Park). Hier schaffe ich Settings, die es überhaupt erst ermöglichen, diese Erfahrungen ganz zu machen. Mal ganz bewusst / moderiert, manchmal auch unkommentiert in der Hoffnung oder besser gesagt dem Vertrauen auf Selbsterkenntnis. Immer jedoch bewusst eingeleitet und nicht einfach nur, weil der Hunger zum Kochen treibt oder Dirt Biken gerade einfach mega hip ist und somit viele Kids einfach mitmachen.
Es muss nicht immer alles sein!
BREAK – RELATE – REFLECT – Die drei elementaren Kulturtechniken um Umgang mit Risiken und vermeiden von Gefahren müssen nicht immer im Paket vermittelt werden. Nein, sie können in homöopathischen Dosen trainiert werden und somit auch in noch so kleine Angebot integriert und somit praxisnah eingebunden werden. Gänzlich neu entwickeln musste ich kaum etwas. Lediglich im Vorfeld überlegen, wann ich ganz bewusst den Impuls zu setzen habe, welcher einen Lauf über die Slackline, den Schlag mit der Axt oder das Spiel mit dem Feuer zu einer waschechten risflecting® Übung werden lässt.
Im Dialog bleiben!
Kontinuierlicher Austausch nicht nur mit Kids, sondern auch immer wieder mit Fachkräften, Kooperationspartnern und Netzwerkpartnern im risflecting® Pool, um die Chance zu erhalten mich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln, ohne dabei einfach zu adaptieren oder gar zu kopieren. risflecting® ist Dialog – risflecting® braucht Dialog.
Auch nach Jahren habe ich den Eindruck risflecting® holt mich immer wieder ein, ist mein Werkzeugkasten – beruflich und privat.
Autor:
Niko Blug, Diplom Sozialpädagoge / Refernt / Risikopädagogischer Begleiter (risflecting)/ Zur Zeit Projektaufbau ”Mobile Jugendarbeit (MoJa) Mittleres-Selztal” f. Diakonisches Werk Rheinhessen. INSTAGRAM @moja_mittleres_selztal